Traditionell habe ich gelernt, dass jede Positionierung in einen Markenclaim überführt werden muss. Möglichst mit 3 Worten, um die Markenbotschaft auf dem Punkt zu bringen.
Klassiker wie „Vorsprung durch Technik“ (Audi), „Just do it“ (Nike), „Think different“ (Apple) sind nicht nur gelernt, sondern werden auch immer relevant für das „Hier-und-Jetzt“ übersetzt bzw. weiterentwickelt. Diese Claims beinhalten beeindruckend die Marken-DNA und sind scheinbar für die Ewigkeit gemacht. Naja, außer bei Audi. Da habe ich aktuell nicht mehr das Gefühl, dass die Marke mir einen technischen Vorsprung verschafft… Schade eigentlich, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Wenn ich mir Claims deutscher Marken anschaue, dann fällt mir auf, dass diese sehr produktbeschreibend sind. Also weniger von einer inneren Haltung kommen, sondern eher aus der Funktionalität des Produktes. „Melitta macht Kaffee zum Genuss“, „Es gibt immer was zu tun“ (Hornbach), „Freude am Fahren“ (BMW) oder „So fruchtig kann Erfrischung sein“ (Granini).
Und dann gibt es noch die Claims, die man kennt aber eigentlich nicht versteht. „Alles Müller, oder was?“, „Nogger dir einen“ , „Keiner macht mich mehr an“ (Ehrmann) oder „Der Käse, der aus der Reihe tanzt“ (BabyBel).
Quelle Markenclaims: Markenlexikon.com
Allerdings fällt schon bei den letzten Beispielen auf, dass es immer schwerer ist, prägnante Claims zu kreieren. Es gibt ja auch eigentlich nichts mehr, was es nicht schon gibt. Also werden die Botschaften immer ähnlicher, austauschbarer und am Ende haben sie doch keine Uniqueness für die Marke geschaffen. Einzig ein großer Etat für Werbung hat durchaus Claim mit Marke verknüpft. Reicht es denn aus, dass ein Claim „nur“ bekannt ist? Nehmen wir doch das Beispiel Granini. Ich glaube es gibt noch mehr Marken, die auch sehr fruchtig erfrischen. Warum braucht es diesen Claim, der auch für andere gelten kann?
Da stellt sich mir unweigerlich die Frage: Braucht es überhaupt einen Claim? Was ist, wenn die Kreation bereits alles mitteilen und die Markenbotschaft klar transportieren kann? Wo findet denn heute noch das Logo mit Claim statt? In den neuen Medien braucht es Inhalte, keine Zeichen. Selbst Sponsoringbanden sind heute digital und können Botschaften mit Bildwelten transportieren.
Neue Marken machen es bereits vor. Da ist zum Beispiel die Marke Oatly. Sie kommt ganz ohne Claim in der Werbung aus. Zugegeben, es handelt sich um ein einzelnes Produkt, welches in seiner Werbung Haltung zeigt. Ist dies nur ein Einzelfall oder der Anfang eines Trends? Auf jeden Fall ein gewagter Schritt, wie ich finde.
Und genau diesen Schritt hat das Marketing-Team des Berliner Großstadtwassers Spreequell gemeinsam mit der Agentur Jung von Matt/Spree ebenfalls gewagt. Die neuen Motive kommen ganz ohne Text und Claim aus. Die Motive im Kontext Berlins schaffen das gewünschte Markenerlebnis. „Irgendwie auch typisch Berlin, verspielt und easy going.“ wie die W&V kommentiert. (https://www.wuv.de/agenturen/spreequell_laedt_zum_bad_in_der_flasche_ein)
Wenn ich heute eine neue Marke schaffe, würde ich auf einen Claim verzichten. Wenn man einen gut etablierten hat, würde ich ihn weiter aktiv nutzen. Was denkst Du über „Meßmer macht meinen Moment“?
So pauschal gesprochen ist eine Claimbeurteilung immer etwas schwierig. Es kommt aus meiner Sicht darauf an, ob der Claim ein tatsächlicher Markenclaim ist, der den Markenkern bzw. die Markenbotschaft aus der Positionierung transportieren kann. Dies muss natürlich immer wieder im aktuellen Kontext geprüft werden. Ist der Claim stimmig, dann würde ich ihn auf keinen Fall ändern wollen. Wenn er aber nicht mehr zur Markenausrichtung passt, sei es aus Gründen einer Re- oder Neupositionierung der Marke oder die Botschaft als solches im aktuellen Kontext eher verwirrt, dann sollte über eine Änderung nachgedacht werden. Letztlich ist ein Claim eine andere Form der Visualisierung einer Botschaft bzw. auch audiomäßig gut nutzbar. Eventuell können aber auch andere Signale die Botschaft transportieren. Wenn der Claim als Zusammenfassung der Markenbotschaft verstanden wird, kann sicherlich hinterfragt werden, ob es eine Zusammenfassung in dieser Art braucht.
Was ein Claim aber immer sein sollte, ist unverwechselbar und nicht austauschbar im Sinne von generisch. Das wäre ein Punkt der bei „Meßmer macht den Moment“ greifen könnte.