Customer Centricity ist mein aktuelles Lieblingsthema. Warum? Weil es wie kein anderes bei vielen nur ein Lippenbekenntnis ist. Jeder beschäftigt sich im Marketing mit der Zielgruppen-Definition. So weit so gut. Doch wer versetzt sich wirklich in die Situation des Kunden und probiert aus, wie der Kunde das Angebot des eigenen Unternehmens wahrnimmt und welche Erfahrung er damit macht an den unterschiedlichen Touchpoints? Wer nimmt sich tatsächlich die Zeit und wechselt die Perspektive?
Es ist nämlich gar nicht so leicht, wie man denkt. Schnell ist ein Bedürfnis aus einem Trend abgeleitet und auch so formuliert, dass es zum Produkt passt. Aber ist dieses theoretische Bedürfnis auch tatsächlich im realen Alltag der potentiellen Verwender existent? Wie wichtig ist dieses angebliche Bedürfnis eigentlich für die Verbraucher?
Auch ich habe schon Ende der 90er die Frage beantworten wollen: „Was ist der springende Punkt aus der Denkwelt des Verbrauchers?“. Aber ehrlich, da habe ich mir immer etwas ausgedacht was irgendwie zur gewünschten Werbeaussage passt. Erst im Laufe der Zeit und mit zunehmender Erfahrung im Job habe ich verstanden, was damit eigentlich gemeint ist. Die Erkenntnis allein half mir aber nicht weiter, eine richtige Antwort zu finden. Mein Glück war es, dass ich eine Zeit lang Teil der Zielgruppe war und einfach auf mein Bauchgefühl und die Infos aus meinem Freundeskreis gehört habe. Ganz unbewußt habe ich so vieles richtig gemacht. Es hieß damals: „sie hat ein gutes Gespür für die Zielgruppe“. Tja, was lerne ich daraus. Die Zielgruppe wirklich verstehen zu können, heißt ganz nah an ihr dran zu sein. Genau aus diesem Grund sind viele Start Ups erfolgreich. Sie gründen sich aus einer Motivation heraus, eine Lösung für ein Bedürfnis zu entwickeln, die es bis dato noch nicht gibt. Dabei beschäftigen sie sich intensiv mit dem „Warum“, weniger mit dem „Wer“. Denn das „Wer“, also die Zielgruppe, sind sie ja selbst und die ist damit hinreichend bekannt. Und wo die Zielgruppe am besten zu erreichen ist natürlich auch. Doch was mache ich nun, wenn ich nicht die Zielgruppe bin? Wie bekomme ich heraus, ob der Köder dem Fisch schmeckt? Marktforschung kann hier helfen. Doch Vorsicht: nach „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ zu fragen, ist zu kurz gedacht. Es geht darum die Motivationen dahinter zu verstehen. Und dabei kommt es auf die Technik der Konsumentenbefragung an. Fragen zu stellen, bei denen die gesellschaftlich korrekte Antwort prompt kommt, ist da ebenso wenig hilfreich. Eine andere Methode ist, der Zielgruppe im realen Leben auf den Mund zu schauen. Also sich selbst mal umzuhören oder in den sozialen Netzwerken zu recherchieren, was da so besprochen wird. Auch Influencer können hilfreich sein, wenn die Fans der anvisierten Zielgruppe entsprechen.
Das bringt mich zu dem Thema der Zielgruppen-Beschreibung. Wie beschreibe ich eine Zielgruppe überhaupt richtig? Da gibt es mehrere Weisheiten in der Branche.
Typ 1 – Mein Produkt kann jeder verwenden.
Typ 2 – Region, Alter – fertig.
Typ 3 – Sinus-Milieus sind super.
Typ 4 – Ich bastel mir eine Persona.
Typ 5 – Zielgruppe? Brauch ich nicht.
Momentan scheint sich das Modell der Persona-Beschreibung durch zusetzen. Der Vorteil ist, dass ich eine greifbare Persönlichkeit vor mir habe, anstatt einem theoretisches Gebilde. Der Nachteil ist, dass diese Persönlichkeit für eine große Anzahl meiner anvisierten Zielgruppe stehen muss. Sonst bewege ich mich im Bereich einer Nischen-Gruppe. Zu speziell, zu wenig Potential. Der theoretische Ansatz einer Persona muss deshalb zwingend mit der Realität überprüft werden. Auf wie viele solcher Personen treffen die Annahmen der Beschreibung überhaupt zu? Oder für wen ist die Persona eine Art Meinungsbildner?
Egal wie gut ich auch versuche dem Thema Zielgruppe Herr zu werden, es bleibt immer ein Gefühl des Unperfekten. Es verfestigt sich bei mir mehr und mehr die Idee, mich noch genauer mit Motivationen, Barrieren und Pain Points zu beschäftigen. Die Kunst den richtigen Insight zu definieren. Was beschäftigt die Zielgruppe und wie kann ich sie begeistern?
Mein Fazit mit den Worten von Elke Guhl (Dozentin an der HWZ University of Applied Sciences in Business Administration Zurich):
„It´s all about the customer…and we still do not get it!“
1 thought on “It´s all about the customer…”