Alle Jahre wieder… Das Fest der Werbung!

Ich habe lange überlegt, ob ich auch meinen Senf zur Weihnachtswerbung 2017 dazugeben soll. Warum also nicht – here we go!

Wer nicht wie ich sich freiwillig Werbung „reinzieht“, kann sich bei DIM (Deutsches Institut für Marketing) einen guten Überblick verschaffen. Hier sind die Videos und entsprechende inhaltlichen Aussagen sehr gut zusammen getragen.

Weihnachtswerbung

Allerdings vermisse ich in der internationalen Betrachtung noch meinen persönlichen Weihnachtsfavorit in der Kategorie Lebensmittelhändler. Das ist der liebevolle Spot von Migros aus der Schweiz, der mir nicht nur ein Tränchen ins Auge gezaubert hat, sondern auf eine ganz stille Art mit seiner Botschaft „Lassen wir niemanden alleine. Spenden wir alle gemeinsam.“ in der besinnlichen Zeit etwas an die Gesellschaft zurückgibt. Mit den Migroswichteln im Mittelpunkt der Kampagne ist eine Sammelpromotion verknüpft, bei der es Hörspiele mit spannenden Geschichten, die die kleinen Wichtel erleben, zu ersammeln gilt. Dafür hat Migros eine Landingpage und Play App entwickelt. Zusätzlich gab es eine Roadshow mit einer Migrowichtel-Hörspiel-Ecke und Bastelideen rund um die Maskottchen. Und ganz nebenbei wurden mehr als 3 Millionen Franken gespendet. Ein sehr gutes Beispiel, wie nicht nur eine herzerwärmende Story erzählt wird, sondern ein echtes Erlebnis geschaffen wurde. Dies wirkt so nachhaltig, dass mir noch heute bei jedem „Beep“ egal in welcher Kassenzone ganz warm ums Herz wird.

Aber zurück nach Deutschland. Da beschleicht mich das Gefühl, dass es einen geheimen Wettbewerb zur emotionalsten Weihnachtsstory im Lebensmittelhandel gibt. Leider wird vor lauter emotionalem Overload vergessen, dass die Stories glaubhaft mit der Marke verknüpft sein sollten. Das ist nicht nur beim Storytelling so, sondern gilt für jede Art der Werbung. Es gibt massenhaft Beispiele, dass man sich an den Inhalt der Werbung erinnert, weil der echt toll war, aber leider nicht mehr an die Marke.

Schauen wir mal genauer hin:

Penny
Bei seiner Weihnachtskampagne versucht der Discounter ein hoch relevantes Thema für sich zu besetzen. Der Horizont schreibt dazu: „Mit dem Claim „Weihnachten. Zeit, sich zu versöhnen“ besetzt der Kölner Discounter ein Thema, das auch nach den Statistiken der Polizei eine hohe Relevanz hat. Weihnachten gehört jedes Jahr aufs Neue zu den Tagen, an denen Streit und Gewalttätigkeiten in der Familie besonders häufig vorkommen. Der Claim spiegele das Anliegen von Penny wider, sowohl Nahversorger zu sein als auch Gemeinschaft zu fördern.“ So weit so gut. Aus meiner Sicht eine wirklich gute Auseinandersetzung mit Themen und Zielgruppen. Als ich zum ersten mal diesen Spot live im TV sah, hatte ich allerdings viele Fragezeichen im Kopf. Vorallem, warum sendet Penny diese Botschaft? Ich habe da keine glaubwürdige Verbindung gesehen. Ich habe mal näher in die Umsetzung geschaut. Auch Penny hat mehrere Kanäle genutzt. Digital, Plakat und Anzeigen sowie ein Gewinnspiel auf der Kampagnensite. Das Gewinnspiel bringt dabei den Aufruf der Versöhnung auf eine erlebbare Ebene.  Die Gewinner bekommen eine vorfrankierte Flasche Wein mit einem Zahlenschloss und dem dazu passenden Zahlencode. Die Flasche wird dann an eine Person versendet, mit der sich die Gewinner versöhnen möchten. Die „Versöhnungsflasche“ wiederrum hält den Hinweis bereit, dass die Aktion von einer Person initiiert wurde, die sich versöhnen möchte und dass die Flasche nur mit dem Code geöffnet werden kann, welcher nur der Initiator kennt. Verlängert wurde diese Aktion mit einer Dokumentation zweier Versöhnungsgeschichten. Laut Penny wurden 9000 Flasche versandt. Die gesamte Aktion hat bei dem Mediaplan mit Bild-Anzeigen, TV, Social Media und der PR-seitigen Bewerbung des Gewinnspieles sicherlich eine große Reichweite erzielt. Das YouTube-Video allein hat über 6 Millionen Views. Allerdings sammelte die Aktion auf Instagram unter #zeitsichzuversöhnen gerade mal 24 Beiträge, auf Facebook habe ich nur 10 Posts von Gewinnern gefunden und in den Kommentaren auf YouTube findet man unter anderem die Frage „was hat das mit Penny zu tun?“. Das Feedback auf den Social Media-Kanälen ist vielleicht ein Indiz der Bestätigung meiner Theorie. Das Thema ist einfach zu weit weg vom allgemeinen Penny-Erlebnis.

Edeka
Der Erfinder der emotionalen Weihnachtsspots in Deutschland hat auch 2017 wieder zugeschlagen. Edeka fährt hier eine zweigleisige Strategie der Zielgruppenansprache. So haben der TV-Spot und das YouTube-Video eine andere Interpretation der zentralen Botschaft „Liebe“. Während der klassische 30-Sekünder im TV versucht über das gelernte Edeka-Szenario zu überzeugen, knüpft das fast 4-minütige Video an die Emotionalität des #heimkommen-Spot aus 2015 (bereits 59 Mio. Views) an. Gemein sind beiden Stories die Hauptdarsteller – Roboter. Dies entspricht thematisch dem Zeitgeist der Digitalisierung, die ja in aller Munde ist und hier sehr charmant auf jedoch unterschiedliche Art und Weise aufgegriffen wird. Kann die Story des TV-Spots im Hier-und-Jetzt spielen, zeigt die YouTube-Story ein Zukunftsszenario und spielt mit den Ängsten bezüglich künstlicher Intelligenz. Für mich eine sehr gute Story, inhaltlich und umsetzungstechnisch. Zusammenfassend hat die Social Media-Umsetzung #keinfestohne 56 Beiträge auf Instagram generiert, das Video wurde auf Facebook 5,9 Mio. mal und auf  YouTube 3,9 Mio. mal aufgerufen. Der TV-Spot schafft auf YouTube nur 619 Tsd. Views. 2015 hatte Edeka mit dem einsamen Opa zwar einen Viralhit gelandet, es war jedoch die Rückkopplung zur Marke ähnlich dem Penny-Spot nicht wirklich gegeben. Aus meiner Sicht wurden hier die Hausaufgaben gemacht. Bereit seit Jahren beansprucht Edeka mit der „Wir lieben Lebensmittel“-Kampagne das Herz-Icon ♥ und das Thema „Liebe“ für sich. So zahlt der klassische TV-Spot zu 100% auf Marke und Thema ein. Das Social Media-Video anderseits spielt mit dem Brand-Icon, dem Herz und kann somit an die Marke anknüpfen. Thematisch super inszeniert begeistert der kleine Roboter ähnlich Wall-E. Doch leider gelingt es Edeka nicht an den Viralhit von 2015 anzuknüpfen.

Lidl
Der Discounter setzt das erste Jahr mit „Feiert euer Weihnachten“ auf eine emotionalere Kampagne als in der Vergangenheit. Den Spannungsbogen zwischen dem eher rationalen Slogan „Lidl lohnt sich“ und einer emotionalen Weihnachtsstory hinzubekommen ist absolut anspruchsvoll. Die Idee des Spot, nicht bei dem marketingtechnisch inszenierten Happy-People-Weihnachtsgedöns mitzumachen passt grundsätzlich zum Discounter, der bisher in der Werbung sich immer auf das Wesentliche konzentriert. Im TV-Spot wird das künstliche, überhebliche und spaßlose Weihnachten angeprangert mit der Aufforderung dabei nicht mitzumachen. Mit #beautyfullynormal will er die supernormalen Weihnachtswesen ansprechen. Okay – ich verstehe was mir der Künstler hier erzählen will, aber warum sehe ich in dem Spot völlig abgedrehte und künstliche Szenen, die über das Ziel hinaus schießen und irgendwie unglaubwürdig wirken. Auch inhaltlich will der Text nicht ganz zur eigentlichen Positionierung passen. Da heißt es „Feiert eurer Weihnachten. Nur ihr könnt das so gut wie ihr. Und wir finden euch toll. Lidl lohnt sich.“ Auf YouTube erreicht der Spot keine 800 Tsd. Views. Ich lass das jetzt einfach mal so wirken.

Kaufland
„Wer gut isst, streitet nicht.“ Das ist das 2017er Weihnachts-Motto bei Kaufland. Der Spot kommt im ersten Moment erstmal etwas skurril rüber. Auf dem zweiten Blick ist die Botschaft gekonnt in Szene gesetzt und überrascht am Ende. Zugegeben, die emotionalste Story ist es nicht. Dennoch kommt das gemeinsame Essen gut an. Mit über 6 Millionen Views auf YouTube braucht sich Kaufland nicht zu verstecken.

Rewe
Überraschend neu ist die Weihnachtsstory der Kölner „Die wichtigste Zutat zu Weihnachten bist du.“ nicht. Auch hier geht es um die gemeinsame Zeit mit der Familie. Von der Optik aber hebt sich der Spot von allen anderen an. Mit der Split-Screen-Idee werden 2 Handlungsstränge dargestellt, die zum Schluß in der heimeligen heilen Familienwelt enden. Lidl lässt grüßen…

Aldi
Der TV-Neuling Aldi hat sich für Weihnachten auch etwas einfallen lassen. Da wünscht der Discounter „Frohes Weihnachten und viel Qualität im Kühlschrank.“ Der Spot ist bildlich gut und mit der Sicht aus dem Kühlschrank heraus auch etwas ungewöhnlich inszeniert. Eine Story kann ich nicht erkennen, die Aussage ist jedoch einfach und verständlich und passt auch irgendwie zu Aldi. Er möchte nichts erzwingen und macht somit auch nicht wirklich beim Emotion-Battle mit.

Zusammengefaßt hat fast jeder Einzelhändler versucht das Thema Weihnachten für sich zu nutzen. Nur wenige haben etwas mehr als nur eine Werbestory abgeliefert. Penny´s Idee ist gut, aber noch zu weit weg von der tatsächlichen Wahrnehmung. Edeka hat aus den letzten Jahren gelernt und inhaltlich besser den Bezug zur Marke geschafft. Aber keiner hat Emotion und Promotion im Markt so gut umgesetzt wie die Schweizer und somit das komplette Potential auch hinsichtlich Umsatz ausgeschöpft. Wir dürfen gespannt sein, was das Weihnachtsfest der Werbung 2018 für uns bereit hält.

Ganz einfach weitersagen!

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